Also, hab ich das jetzt richtig verstanden: weil der Herr Walser eine schwaches Buch geschrieben hat und der Verlag Sorge hatte, wenigstens das Geld für die Waschzettel wieder reinzubekommen, liess er den einzigen (kostenlosen) Praktikanten, der etwas von Computern verstanden, alle des Lesens mächtigen Journalisten mit einer PDF-Datei beschicken. Dann heuerte er einen alten Kumpel vom Hr. Walser an, einen ablehnenden Brief nicht wie unter alten Männern üblich per Post, sondern über die von ihm zufällig geleitete alterschwache Zeitung dem Literaten zukommen zu lassen. Die Journalisten, durch kein in anderen Branchen übliches Non-disclosure-agreement gebunden, und als Veröffentlichungsmedium fehlinterpretiert, taten Hr. Walser den Gefallen und veröffentlichten sein Werk, wenn schon nicht in der FAZ, so doch zumindest ebenfalls mehr oder minder kostenlos in der Öffentlichkeit des Internets. Dies wiederum schien so doch nicht ganz im Interesse des Verlages zu sein, der diese Art von Werbung (richtigerweise) als kontraproduktiv für den Absatz seines Buches ansieht. Wieso eine Veröffentlichung in der FAZ den Buchkauf ankurbeln, im Internet jedoch hindern würde, kann nur aus der ungleichmäßigen Verteilung der Intelligenz im Weltraum heraus erklärt werden. Eine These ist, im Internet würde das Werk womöglich gelesen, in der Zeitung nur veröffentlicht. Witzigerweise zählen Verleger und Jounalisten mit ihren Kurzzeitgedächtnissen die letzten entdeckten Trends gern zusammen. Und so geschah es, daß die Quelle alles Übels die Weblogs sein mußten, denn sie verbreiteten die von Verlag versendeten Rezensionsexemplare. Nein, nicht der Verlag hatte sie unaufgefordert an Jounalisten, die für ihre Verschwiegenheit bekannt sind, versandt. Auch die Journalisten hatten die Datei nicht verbreitet, dafür sind ja Weblogs zuständig. Die bekanntesten waren natürlich am schuldigsten und daher abzumahnen. Doch die Verleger hatten noch nichts vom neusten Trend gehört: der 1. Juli soll zum Protesttag gegen die Preistreibereien im Zuge der Euroeinführung werden und mit einem Kaufboykott diesen Protest deutlich machen. In diesem Falle werden einige genau die Logik der Verleger anwenden, zwei Trends zusammenfassen und die Bücher dieses Verlages nicht kaufen. Und wahrscheinlich nicht nur am 1. Juli nicht.

Man fragt sich so als gelernter Ossi, was da wohl für Anhänger der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sitzen, die uns die Meinungsfreiheit, die Rechtstaatlichkeit, die Kontrollaufgabe der Medien und die Demokratie erklären, in einem Verlag, der von einem gewissen Bildungsauftrag ausgeht. Rechtsbeuger sollten keine Bücher an Intellektuelle verkaufen wollen.