Ich kapiers nicht. Da wird einem offensichtlichen Demagogen ein Feld, was sag ich, ein Riesenacker kampflos überlassen. Da wird der Eindruck vermittelt, als ob ein Kerl, dem wohl nicht mal seine Anhänger ihre Tochter, oder schlimmer, ihr Sparbuch überlassen würden, und einer Zeitung die Außenpolitik überlassen. Eine Million Unterschriften werden lieber verharmlost. Die Deutschen, ich mittendrin, verstehen nur noch Bahnhof und ignorieren vorsichtshalber die ganze Geschichte. Wenn Temelin 30 km neben Hamburg liegen würde und es wäre im Ausland, würden die Deutschen wahrscheinlich am liebsten einmarschieren, um es zu schließen. (Jetzt keine Scherze, von wegen, sie haben es ja gemacht und Greifswald in der DDR geschlossen, das waren 300 Km) Die tschechischen Demagogen packen die historische Kanone aus, schießen scharf und treffen zwar nicht daneben, vergessen natürlich gern, daß 80% der Bevölkerung in Mitteleuropa (also auch in Österreich) nach dem 2. WK geboren sind. Aber woher nimmt dieser Typ seine Wirksamkeit, ist er wirklich der "Glücksfall" für eine führerzentrierte Bewegung, weil er Charisma hat, oder hat er das, weil die Situation reif für einen charismatischen Bewegungsführer? Hitler kommt uns in Filmen eher albern vor, die Leute damals standen drauf. Wieviel Verunsicherung muß in den Leuten sein, darauf zu fliegen. Wenn in Sachsen-Anhalt gewählt wird, werden wir sehen, ob wir auch schon reif sind für eine Gestalt wie Schill. Kleiner Break: Die interessanteste Erkenntis im Zuge der Erarbeitung meiner Diplomarbeit über M.Katers soziale Analyse der NSDAP-Mitgliedschaft war für mich, daß nicht das gern kolportierte Vorurteil stimmt, die Arbeitslosen stellten das Potential der Mitgliedschaft solcher Parteien, sondern es eher die sich von Arbeitslosigkeit bedroht Fühlenden die eigentlichen Interessenten waren. Interessant auch, daß sich diese von Kater belegte Erkenntnis nie in den Massenmedien niedergeschlagen hat, und daher viele Interpretationen und Gegenstrategien in die Irre laufen. Da die Angst etwas Irrationales ist, und auch noch die falschen Schichten ins Visier der ehrlich meinenden Strategen gerückt werden, werden viele Politikansätze einfach ins Leere laufen. Wieder Break: Wenn man die Ängste der Österreicher vor Temelin nicht ernst nimmt, überläßt man sie Demagogen. Wenn die deutsche Öffentlichkeit denkt, das die Östreicher nur den Atom-Dreck abkriegen im Falle eines GAUs, können wir aus der Sicht des Potentials für Demagogen nur froh sein. Warum aber versteh ich es nicht: weil wir in Ostdeutschland ein eher rosa Bild von der Mentalität der Österreicher haben, das durch die (west)deutschen Ressentiments noch nicht verdorben ist. Schlummert da, wie die herrschenden tschechischen Demagogen natürlich gerne bestätigen würden, tatsächlich eine Art Wolf in den netten Leuten? Oder sind eh alle bled, wie bei uns auch? Bei den Dänen geht es mir auch immer wieder so, und die kenn ich wirklich gut, wahrscheinlich versteht man ein Volk wirklich erst, wenn man sogar seine Kinderlieder beherrscht (sagt meine deutsche Freundin in Dänemark immer)