Da hat man sich selbst hier und da ein wenig über die deutsche Haltung zum Irak-Krieg einen Kopf gemacht, und siehe da, wie vermutet, der Stammtisch meldet sich auch zu Wort und erklärt der Lufthoheit-Besitzerin die nationalen Interessen. Selbst wenn man beim Namen "Gauweiler" Pickel kriegt, er ist zumindest dafür gut, durch die in der Opposition offenere Auseinandersetzung deutlich zu machen, daß es nicht Friedensliebe sein wird, die die deutschen Wehrpflichtigen bisher vor dem Wüstensand bewahrt hat.

Eigentlich ist es schon fast wieder bedenklich, daß Deutschland bzw. seine "Entscheider-Elite" sich soweit emanzipiert hat, so etwas wie "nationale Interessen" überhaupt zu haben. Die letzten Male landeten regelmäßig ganze Jahrgänge erst im russischen Matsch und dann im Soldatengrab.

[Update] Und der Hr. Stoiber (nochmal Pickelalarm!) ist auch gedreht und will gleich die Weltpolitk neu vermessen.

Eins scheint allen Herrschaften klar zu sein: es muß aufgerüstet werden, um militärisch relevant zu sein. Gegen wen? Egal, ein europäisches Heer soll her, in welche Richtung es angesichts der Diskrepanzen laufen soll, ist auch nicht klar, aber egal. Welche Gegner kommen denn in Frage? Spielt es eine Rolle, daß der amerikanische Militärhaushalt größer ist als die Summe der entsprechenden Haushalte der anderen Nato-Mitgliedsländer? Egal. Konzepte hat die Opposition, die schneller, als ihr unter Umständen lieb ist, in Regierungsverantwortung stehen kann, auch nicht. Nichtsdestotrotz kann man ja die Regierung erst mal alle Todsünden unterstellen (die man dann selber begangen hätte) Wenn sie die Wahlen gewonnen hätte, wären wir jetzt im Krieg. Andererseits ist sie ganz froh, daß sie diese Entscheidung nicht treffen konnte. Nationale Interessen müssen wohl erst noch definiert werden nach der langen Enthaltsamkeit. Eine Abrüstung Europas auf Geheiß der USA ist nicht vorstellbar? Wie lange noch? Egal, erstmal ist eh die UNO dran, abgerüstet zu werden.

Langsam dämmert es einem, woher gerade die Nu-Rock Bands der Amis ihre Wut aus dem Bauch herhaben, mit der sie bald nicht wissen wohin. Die Bigotterie schreit einfach zum Himmel, eine Art von Voraussehbarkeit und erdrückende Enge der Gesellschaft, die mich nur an die Erzählungen erinnert, als sie in der Adenauer-Provinz bald geplatzt sind, bis sie der "Spiegel" glauben ließ, daß es da noch etwas anderes geben könne. Wenn man dann die Geschichten vom Mobbing der deutschen Austauschschüler liest (die könn ja wieder weg), die Verzweiflung, wenn man wegen schwarzer Kleidung oder Internetbegeisterung als potentieller Massenmörder gehandelt wird, dann sieht man den von Hollywood und Musikbranche so völlig überlagerten und ausgeblendeten Boden für die bisher völlig unterschätzten konservativen Think-Tanks. Die amerikanische Wirklichkeit ist offenbar eine ganz andere als die in Europa wahrgenommene. Die gesamte Publizistik hat die freimütig veröffentlichenden und für ihre Ideen werbenden Ideenfabriken unterschätzt, unsere "Think-Tanks" ,völlig überbezahlt und ignoriert, haben nix dagegen zu halten. Dabei hat es schon mal geklappt, die Konzepte vom Totrüsten kamen von dort und die Russen sind hineingetappt. Deutsche Außenpolitik erscheint im Nachhinein viel zu reaktiv, das Blatt zu überreizen konnte ihr nie passieren. Völlig daneben und konzeptionslos steht die deutsche Konservative noch dööfer da als die Regierung. Nationale Interessen wird ihr der Stammtisch wohl erst noch mal erklären müssen. Der Krieg mit einem teilweise abgerüsteten Gegner wird nicht dazu angetan sein, die Vorgehensweise der herrschenden Denkrichtung in Frage zu stellen. Die mittelbaren Folgen hingegen werden wie bisher verdreht interpretiert werden, so wie der 11.9. instrumentalisiert wurde. Die Emanzipation Europas ist sicherlich der zunächst unangenehmere Weg, langfristig sicherlich jedoch der einzig richtige, um nicht auf der Verliererseite zu landen.